Dienstag, 21. Januar 2014

Mamahuhn

Was mich seit der Geburt meiner Kinder begleitet, ist das Thema `loslassen´.
Eigentlich ist die Geburt selber ja schon das erste loslassen, hinauslassen in die weite Welt.
Vielleicht ist es für jede Mama ein Thema, aber ich denke bei mir ist es schon ausgeprägt, ich bin eine echte Glucke!
Deswegen liegt mir auch die Waldorfpädagogik so gut. Die ersten Lebensjahre wurden meine Kinder in eine warme Hülle gepackt, nicht so viele Reize von außen, Natur und natürliche Materialien zum Spielen, das alltägliche Arbeiten im Haushalt und Handarbeiten, Jahreszeitenfeste bestimmten unseren Rhythmus.
Jedoch werden die Kleinen so schnell groß, entwickeln ihre ganz eigene Vorstellung von Leben, hängen nicht mehr an Mamas Rockzipfel.
Letzten Sommer ist mein Töchterle alleine mit Freunden nach Berlin gefahren.
Die Kinder, ähäm, Jugendlichen haben sich selbständig eine Ferienwohnung ausgesucht und gebucht, die Zugfahrt organisiert, ihre Sparkonten geplündert und los ging es.
Immerhin 600km von unserem kleinen Städle hier entfernt, von der Mehrzahl der Einwohner erst gar nicht zu sprechen.
Natürlich lies ich sie fahren, ich vertraue ihr voll und ganz, kenne ich doch ihre innere Stärke und Willenskraft.
Aber das Mama-Glucken-Herz...
Aus Spaß sagte ich, kaum ist das Töchterle aus dem Bauch geschlüpft, packt sie ihren Koffer und fährt nach Berlin. Klar waren da sechzehn Jahre dazwischen, aber das Gefühl kennt da wohl keine Zeit.
Da mein Töchterle ja ihre Mama gut kennt, hat sie täglich Nachrichten geschickt und auch mal Fotos. So konnte ich also ruhig schlafen, aber vermisst hab ich sie schon.

Bei meinem großen Sohn, der Mittlere in der Geschwisterfolge, hat das ganze ablösen schon recht früh begonnen.
Als sechsjähriger Knirps baute er sich eines Tages vor mir auf und sagte : "Ich bin ein freier Mensch!".
Das er mittlerweile nicht nur mir über den Kopf gewachsen ist, sonder auch dem Künstler, ist unglaublich. Die 1.80 Marke wurde schon lange geknackt.
Eines Tages Morgens beim Frühstück stellte ich fest, was für Riesenhände das mein Bub bekommen hat. Einfach so, über Nacht, von zarten Kinderhänden zu echten Pranken.
Vor kurzen, abends am Essenstisch meinte er plötzlich:" Warum tut ihr euch das an mit einem Baby? Jeder normale Mensch würde sich doch freuen, dass die drei Kinder schon so groß sind, bald ausziehen.Warum genießt ihr nicht eure Freiheit und bekommt gerade jetzt ein Baby?"
Er kann sich tatsächlich nicht vorstellen, das ich gerade unser Familiendasein sehr genieße. Ich liebe es Kinder zu haben, sehe sie doch meistens als Bereicherung und nicht als Belastung.
Der Kleinste, das bisherige Nesthäkchen, war noch bis vor kurzem sehr Mama anhänglich.
Er mag es, genau wie ich, sehr gemütlich. Und so hatte er auch nichts gegen einen kleinen Schwatz auf der Couch, mit einer Tasse heißen Schokolade einzuwenden.
Aber auch er, und wir konnten es hier alle lange nicht glauben, ist in der Pubertät.
Das Loslassen beginnt mal wieder.
Verbringt er doch lieber Zeit in seinem Zimmer, als bei Mama und fühlt sich von Zeit zu Zeit schrecklich unverstanden.
So ist das mit Kindern und nicht nur die großen Entwicklungsschritte erfordern das Loslassen der Eltern.
Jeden Tag des Lebens mit meinen Kindern gab es ein Loslassen meinerseits, Ich musste Vertrauen lernen.
Mein Großer würde jetzt sagen :"Ach Mama Muh!"
Nein, keine Mama Muh, ich bin eher ein Mamahuhn, eine echte Glucke!


Loslassen: Ein Wochenende ohne Hühner, nur der Künstler und ich (mit dickem Hund), auf der Glasmesse in Düsseldorf. 




4 Kommentare:

  1. Du schreibst mir aus der Seele, ich bin auch so eine Glucke... nur zufrieden, wenn alle meine Kinder unter meinen Flügeln weilen.... schon eine kleine Klassenfahrt lässt mich fast schluchzen....
    LG Ute

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    1. ...unter meinen Flügeln verweilen...das ist so ein schönes Bild!
      Liebe Grüße zurück.

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  2. boah, deine kinder sind ja echt schon groß! klasse!
    und ebenso klasse, daß ihr immer noch nicht genug habt und noch ein kleines bekommt. ich kann das so gut verstehen, ich könnt auch nochmal schwanger und baby- und kleinkindzeit vertragen, das ist einfach wunderbar... bin aber echt zu alt inzwischen.

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    1. Mein ehemaliger Gynäkologe dachte auch dass ich eindeutig zu alt bin, vor allem für eine Hausgeburt!
      Die Hebamme lacht da nur. Die älteste Frau mit Hausgeburt bei ihr - und es ging alles Gut- war 48.
      Jedoch muss ich ja schon zugeben, das dieses mal alles etwas beschwerlicher ist. War ich doch die letzten drei male Anfang zwanzig...

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